ION XC-Challenge 2016: Franz Breitwieser (AUT)
231km FAI-Dreieck mit dem Low B-Schirm
Zuerst mal herzlichen Glückwunsch zur Titelverteidigung, Franz. 231 km sind eine Hammerstrecke. Wie lange fliegst Du schon? Wie viele Flüge bzw. Flugstunden hast Du?
Danke! Den wohl schönsten Sport der Welt übe ich seit genau elf Jahren aus und komme im Schnitt auf geschätzte 100 Stunden pro Jahr. Heuer geht sich der Schnitt wohl nicht mehr aus, weil das Projekt Hausbau Priorität hatte. Umso schöner, dass der einzige nennenswerte Streckenflug wirklich der Hammer war.
Vor zehn Jahren wäre kein halbwegs leistungsorientierter Pilot auf die Idee gekommen, einen (in einigen Ländern) zu Schulung zugelassenen Schirm wie den ION 4 auf Strecke zu fliegen. Heute rocken MENTOR & Co die Streckenflugwettbewerbe – und jetzt noch die IONs mit. Wie kam es bei Dir dazu, dass Du Low B fliegst?
Naja, echte Ambitionen einen Hochleister zu fliegen, hatte ich ohnehin nie. Ich versuchte mich im Laufe der letzten Jahre zwar auch mal in höher eingestuften Schirmklassen, doch stieg ich bewusst sukzessive wieder bis in die Low B-Klasse zurück. Der Hauptgrund: Ich fühle mich unter einem Flügel mit hoher passiver Sicherheit einfach am wohlsten. Und das Quäntchen mehr Leistung in höher angesiedelten Schirmklassen macht den Sicherheitsvorteil im Low B-Bereich für mich nicht wett.
Der 21. Mai 2016 war der wohl beste Tag des Jahres. Im XContest stehen 81 Flüge mit über 200 km Länge! Wie war der Tag aus Deiner Sicht?
Der Tag hatte sehr großes Potenzial. Die Thermik setzte erfreulich früh ein und entwickelte sich tagsüber ausgesprochen gut. Ich meine aber dennoch, dass vor allem die Vormittagsstunden nicht jenen eines astreinen Hammertages entsprachen. Der Wind hatte frühmorgens noch Nordtendenzen, was sich unter anderem durch die eine oder andere geschliffene Wolke am Hauptkamm bemerkbar machte. Ich würde die Bedingungen als gut beherrschbar, aber abschnittsweise anspruchsvoll kategorisieren. Ab etwa 13 Uhr gab's dann gar nichts mehr zu bemängeln. Starke Thermik, gute Basishöhe, kaum Wind – einfach genial!
Ein paar Worte zu Deinem Flug?
Der Tag begann leider nicht ganz wie geplant. Mein Schirm wurde, wider Erwarten, leider erst mit der zweiten Traktor-Fuhre zur Grente-Alm befördert. Zu jammern gibt’s an dieser Stelle natürlich nichts. „Selber schuld“, wird der eine oder andere meinen, der den Aufstieg mit Ausrüstung bewältigte, und hat damit sicher nicht Unrecht. Deswegen war leider auch kein früherer Start möglich.
Den Flug empfand ich, bis auf die teils anspruchsvollen Vormittagsstunden, als wunderschönen Genussflug. Sportlich betrachtet würde ich sagen, dass ich den letzten Abschnitt des Fluges noch weiter hätte ausbauen können. Ich war aber zum einen schon überglücklich als das GPS die blauen 200 bestätigte, zum anderen wollte ich das Risiko nicht eingehen, in den Dolos zu stehen.
Wenn man Dein 231 km-Dreieck mit den anderen Flügen des 21.5. vergleicht, sieht man, dass Du nicht nur etwa genauso weit kommst, sondern auch nicht langsamer als die meisten Kollegen mit höher klassifizierten Schirmen fliegst. Wie schaffst Du das? Bist Du ein Schnellflieger?
Als Schnellflieger würde ich mich eigentlich nicht bezeichnen. Die gute, verlässliche Thermik ließ einfach eine sehr effiziente Streckenführung zu. Der Beschleuniger steht an einem Tag wie diesem meist auf Mittelstellung, Vollgas kennt mein Schirm nur sehr selten.
Wie unterscheiden Sich Deiner Ansicht ION 3 und ION 4?
Diese Frage kann ich nicht wirklich beantworten, weil sich nicht nur das Modell, sondern auch die Größe änderte. Nämlich von XS auf XXS, womit ich endlich mal wieder ohne Ballast unterwegs sein kann. An dieser Stelle möchte ich NOVA auch ein großes Lob aussprechen. Es ist in dieser Größe äußerst schwierig, überhaupt Schirme zu bekommen. Wenn er dann noch halbwegs Leistung bietet, ist die Freude schon groß. Der ION 4 XXS ist der Hammer! Drehfreudig, sehr guter Speed, hohes Maß an Sicherheit und Hammergleitleistung. Ein absolut gelungener Spaß- und Streckenflügel.
Wenn Dich ein weniger erfahrener ION 4 Pilot fragen würde, wie man den ION 4 am besten fliegt. Was rätst Du ihm? Welche Flächenbelastung? Wie oft und wie weit den Beschleuniger treten? Eng oder weit, steil oder flach drehen? Und wann was?
Von der Flächenbelastung würde ich die goldene Mitte bis hinauf zur oberen Gewichtsgrenze empfehlen. Ich fliege den Schirm im oberen Drittel. Den Beschleuniger trete ich zumeist bis zur Mitte. Im Halbgas erkenne ich keine Leistungseinbußen, die Kappe ist sehr stabil und alle Schirmreaktionen bleiben äußerst einfach beherrschbar.
Über das richtige Verhalten im Bart lässt sich wohl stundenlang philosophieren. Gefühl ist alles, ein (Geheim)rezept gibt’s, zumindest bei mir, keines. Der ION 4 dreht sich sowohl flach als auch eng sehr effizient nach oben. Ich versuche immer, das Zentrum des Bartes bestmöglich auszumachen, um mich dann so steil wie möglich im Kern der Thermik hoch zu schrauben. Das macht vor allem bei stärkerer Thermik Sinn. Ist die Thermik sehr schwach und das Absaufrisiko hoch, dann versuche ich, so flach wie möglich zu drehen, oft auch mit dem Körpergewicht auf der Kurvenaußenseite.
Weißt Du schon welchen Schirm Du 2016/17 fliegst? Und welche Ziele hast Du?
Der Ion 4 ist noch nicht mal richtig eingeflogen. Der wird auch nächstes Jahr noch seine Dienste erweisen (lacht). Ganz konkrete Ziele gibt es – noch – keine. Naja... den „ION Challenge-Hattrick“ würd' ich mir gerne auf die Fahne heften. Und eine mehrere Tage lange Hike & Fly-Tour hab’ ich auch schon lange im Sinn.
Vielen Dank für die interessanten Auskünfte. Auf das Deine Wünsche in Erfüllung gehen und wunderschöne, sichere Flüge.