Neuer EN-B Rekord
301 km-Dreieck mit dem MENTOR 7 Light
5.00 Uhr. Der Tag könnte gut werden. Der Startplatz Niesen wäre optimal, leider ist die Bahn aber bereits bis weit in den Vormittag hinein ausgebucht. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als es von Zuhause aus – ich wohne in Kandersteg – zu versuchen. Neben kleineren Nachteilen hat dies aber auch einen großen Vorteil: es bleibt mehr nutzbare Zeit.
Einkaufen, gemeinsames Frühstück, noch ein paar Sachen erledigen und mit einer fast leeren Bahn fahre ich entspannt hinauf auf die Allmenalp. Vielleicht treffe ich noch den Red Bull X-Alps Piloten und Markenkollegen Rich Binstead. Er treibt sich noch in der Gegend herum…
9.38 Uhr: Start. Sogleich geht es mit solidem Steigen bis auf 3200 Meter hinauf. Vermutlich sehe ich Rich heute doch nicht. Direktflug nach Adelboden und weiter zum Col du Pillon. Der erste 2-Leiner Pulk vom Niesen ist schon vorbei. Die Leute sind heiß! Vor der berüchtigten Rhônetal-Querung bei Martigny investiere ich noch etwas Zeit, um Zusatzhöhe zu tanken. Die anderen fliegen deutlich tiefer ab und markieren auf der Gegenseite die Thermik. Die Verhältnisse sind recht stark, aber nicht wirklich turbulent. Vermutlich hat es etwas mehr Wind, aber es geht gut vorwärts.
Mein Mentor 7 Light marschiert richtig schnell und fliegt vertrauenserweckend stabil. So macht Vollgasfliegen Spaß. Bei Chamonix kreuze ich den entgegenkommenden ersten Pulk mit meinem Kollegen Paul Neuenschwander. Von ihm stammen freundlicherweise die Fotos für diesen Bericht – ich vergesse das Fotografieren wieder einmal.
13.27 Uhr: Die erste Wende bei Les Houches ein Stück westlich des Montblanc. Vielleicht komme ich ja noch an den Pulk ran. Der Rückflug auf der gleichen Route verläuft problemlos bis zum Niesen und meistens delfinierend im Vollgas geradeaus. Am Niesen fliege ich für die Querung des Thuner Sees mit komfortablen 3000 m Höhe ab und ich sehe mich schon ins Emmental gleiten.
Der See trägt heute aber richtig schlecht und die tiefe Ankunft am Sigriswilergrat führt in mittlere Turbulenzen. Sie zwingen mich zum Abdrehen und Aufsoaren an der markanten Flanke der Niederhornkette. Der Wind hat offensichtlich zugenommen. Der Weiterflug zum Pilatus verläuft dann wieder einfach geradeaus. Leider nimmt die Zirrenbewölkung immer mehr zu und verheißt wenig Erfreuliches für den Abend…
18.27 Uhr: Wende am Pilatus mit herrlicher Aussicht auf den Vierwaldstättersee. Mein Fluginstrument zeigt ein mögliches Dreieck von über 330 km an – Wahnsinn! Jetzt bloß noch irgendwie zurückkommen! Es trübt immer weiter ein, die Thermik schwächelt, und es wird richtig spannend. Der Mentor nimmt die feinen Heber gut mit und ermöglich so ein stetiges Weiterkommen. Aber: den Plan vom Heimflug kann ich trotzdem vergessen. Wenn es noch über den See bis zum Niesen reichen würde, wäre das mehr als gut.
Paul fliegt in Sichtweite und ich nehme etwas überhastet die letzte Thermik am Hogant nicht voll mit. Als Folge reicht es um wenige Meter nicht über den Sichelpass, welcher den Rückflug ermöglichen würde. Dann erlischt die Thermik. Der letzte Gleitflug führt daher in die falsche Richtung, sollte mich aber zurück in die Zivilisation bringen – und zu einer Busverbindung. Wie es aber so manchmal ist, lande ich in der Pampa. Der letzte Bus ist schon lange weg und den Dreihunderter habe ich vermutlich auch noch vergeigt. Glücklicherweise werde ich aber abgeholt. Als ich kurz vor Mitternacht den Flug auswerte erscheint zu meiner Erleichterung dann doch noch eine feine Drei. Was für ein Tag!
Schau dir hier den genialen Track an.
Danke an Paul Neuenschwander sowie Joe Staub für die Fotos.