Die 30 besten Tipps zum erfolgreichen Streckenfliegen
#8 Lass es laufen!
Einer unserer Teampiloten erzählt - angefangen mit einem Zitat seines Nachbarn: »Ihr sitzt doch nur in eurem Gurtzeug und zieht ein bisschen an den Leinen. Das ist doch kein richtiger Sport. Mein Nachbar, leidenschaftlicher Rennradler, hat sehr konkrete Vorstellungen davon, was richtiger »Sport« eigentlich ist. Und keine Ahnung vom Fliegen. Auch wenn ich nicht, wie er gerne, sechs Stunden lang einen Durchschnittspuls von 175 bpm habe, so bin ich nach einem langen Streckenflug doch ziemlich platt – körperlich wie geistig. Aber wie für meinen Nachbarn, ist auch für mich das Trinken von elementarer Wichtigkeit. Früher habe ich mir nicht groß Gedanken gemacht. Ich bin einfach losgeflogen. Irgendwann hatte ich einen trockenen Mund – das merkte ich immerhin. Was ich nicht merkte: wie meine Konzentration nachließ und so immer wieder dafür sorgte, dass ich taktische Fehlentscheidungen traf – und absoff.
Ein wenig erinnert mich das an einen arbeitsintensiven Tag im Büro. Ich steigere mich so in ein Projekt hinein, dass ich Essen und Trinken vergesse. Irgendwann bekomme ich dann einen Brummschädel (merke ich) und die Konzentration lässt nach (merke ich erst, wenn ich bewusst darüber nachdenke). Also trinken. Aber wo viel reinläuft, muss auch wieder was rauslaufen können. Stellt sich die Frage nach dem »Wie«. Im Thermik-Magazin stand dazu mal ein Artikel, und ich glaube, es war der große südtiroler Streckenflieger Kurt Eder, der vieldeutig antwortete: »Ich würde von mir kein gebrauchtes Gurtzeug kaufen.« Nun gut, es gibt folgende Optionen:
- Freestyle: Mir ist schon mal in der Luft ein Pilot begegnet, der wie Jesus am Kreuz hing. Beim näheren Hinfliegen merkte ich: er versuchte zu pieseln. Dabei drehte er sich nicht, so wie ich es bei einer Talquerung versuchen würde, um 180 Grad um, sondern flog geradewegs auf mich zu. Soweit ich es erkennen konnte, über zeugte mich diese Technik nicht. Ob das wohl der Eder Kurt war?
- Mut zur Windel! Inkontinenzwindeln eignen sich für Männer und Frauen, aber sie machen nicht direkt einen sexy Po, und man muss schon ein abgelegenes Plätzchen fürs An- und Ausziehen finden. Außerdem, so ließ ich mir sagen, sollte man es üben: Also Gurtzeug an der Kinderschaukel aufgehängt und laufen lassen. Denn der Kopf sperrt sich vielleicht.
- Urinalkondom: Ich glaube, wir Streckenflieger sind an einem vielver sprechenden XC-Tag der Graus jeder Bergbahntoilette, weil wir minutenlang das WC besetzen. Aber eine Leitung will ordentlich verlegt werden. Ist sie es nicht, bekommt man in der Luft eine feuchtwarme Quittung im Genitalbereich serviert. »Uri« abgerutscht oder Knick im Schlauch – beides ist doof. Auch hier empfiehlt sich das Trockentraining daheim (das übrigens keineswegs eine trockene Angelegenheit ist). Meine Buben fanden es überaus vergnüglich, den Papa an der Schaukel im Garten beim Rasendüngen aus dem Gurtzeug heraus zu beobachten…
- Pinkelflasche: Ich habe immer wieder davon gehört, dass es Piloten geben soll, die an einer Schnur eine Pinkelflasche im Gurtzeug dabei haben. Bei längeren Querungen und ruhiger Luft kann ich mir vorstellen, dass das funktioniert. Aber es dürfte ein ganz schönes Gefummel sein: Handschuhe ausziehen, Reißverschlüsse öffnen, »andocken« usw.
Da gestaltet sich das Essen in der Luft einfacher. Ich kenne Piloten, die essen nie etwas. Sie brauchen es nicht. Einer unserer Franzosen zieht dagegen ein belegtes Baguette hervor. Mir reicht ein Riegel, wenn der Blutzuckerspiegel fällt.
Das Wichtigste zusammengefasst: Dehydrierung sorgt für Konzentrationsprobleme und pinkeln in der Luft will gelernt sein."