NOVA Teampiloten im Portrait
Frank Schaufuss und Rolf von Arx (CH)
Starsky und Hutch, Bud Spencer und Terence Hill… auch bei unseren Teampiloten hat sich ein echtes Dream-Team gefunden: Frank Schaufuss und Rolf von Arx. Statt Faustkampf verbindet die beiden Schweizer jedoch eine Vorliebe für Hike & Fly – und so ziehen sie immer wieder zusammen los, um mit außergewöhnlich guten Fotos im Gepäck zurückzukommen. Tatsächlich haben wir sie für ihre Bilder jüngst als „Pilots of the Year 2020“ geehrt. Mit gutem Grund: Nicht nur wir finden ihre Fotos super, auch diverse Paragliding Magazine weltweit sind auf sie aufmerksam geworden und haben ihre Bilder und Geschichten veröffentlicht. Für das perfekte Foto stehen die beiden sogar schon mal um drei Uhr nachts auf und erklimmen noch vor Sonnenaufgang den Gipfel. Einmal oben steht Frank HINTER der Kamera, Rolf fliegt als Fotomodel VOR der Kamera. Neben allen Facetten des Gleitschirmfliegens ist auch immer die Schönheit Natur in ihren Bildern zu bestaunen. Sei es Sommer oder Winter. Für alle, die weniger zu den „Early Birds“ zählen, haben wir mal genau nachgefragt.
Woher kommt die Motivation, sich an einem frostigen Morgen einige hundert Höhenmeter hinauf zu quälen?
Frank: „Für mich persönlich hat das nichts mit hinaufquälen zu tun. Da ich das so oft tue, bin ich mittlerweile soweit, dass mir etwas fehlt, wenn ich nicht raus und auf den Berg kann. Die Standardtour an meinem Hausberg Buochserhorn ist knapp 1000 Höhenmeter, das ist nicht allzu viel. Bei Bedarf gibt es dort aber von 300 bis 1330 Höhenmetern alles, was man machen will und mehrere Startgelegenheiten. Außerdem: Frostiges Morgengrauen ist nur fünf Minuten lang frostig, dann werden auch die Touren an den kältesten Tagen schweißtreibend. ;) Meine Motivation dazu kommt von den unglaublichen Erfahrungen, die ich schon machen durfte. Ich habe so viel Eindrückliches erlebt, da ist die Motivation keine Frage. Und außerdem sind Sonnenauf- und Untergänge ohnehin einfach umwerfend toll, danach oder davor hat man zudem noch den ganzen Tag frei zu tun, was man sonst noch will. Bei Tagestouren hat man dann beides, den frühen Morgen und den Tag. Also zwei tolle Dinge. Hike & Fly ist für mich zur Hauptsportart und noch nie langweilig geworden.“ Rolf: „Der erwachende oder zu Ende gehende Tag hat einen ganz eigenen Zauber. Neben dem besonderen Licht, welches einmalig schön und facettenreich ist, fasziniert mich auch die damit einhergehende Stille vor oder nach dem geschäftigen und gewohnten Alltag.“
Wo sind sich Zwei, die derart auf dem gleichen Nenner sind, eigentlich begegnet?
Frank: „Ich habe Rolf vor fast schon 20 Jahren als Nachbarn kennen gelernt. Damals wohnte ich in einem Haus aus den 50er Jahren mit 20 Wohnungen und wenn ich nicht später eine Blockhütte am Waldrand hätte kaufen können, würde ich noch immer dort wohnen. Ich fand die Lage grandios, direkt am Fuße des Pilatus, der Ikone der Zentralschweiz bei Luzern. Rolf zog dort auch ein und fand das Haus schrecklich, da es ziemlich hellhörig ist. Wir haben uns dann via Waschküche kennen gelernt, das ist Standard in der Schweiz. Weil eine Waschmaschine im Keller – ohne Trockner damals – diente für jeweils 10 Wohnungen. Die „Königin der Waschmaschinen“ führte ein strenges Regime, so konnte man nur ca. einmal monatlich waschen, da das Trocknen an der Leine dauerte. Als besagte Königin altershalber ins Wohnheim musste, nutzte ich die Gelegenheit und lancierte im Guerillastil meinen eigenen Vorschlag an alle Wohnparteien: Offene Waschküche für alle. Rolf fand das super und so fanden wir zusammen.“ Rolf: „Ich lernte Frank außerdem als den Nachbar kennen, der nimmermüde jeden Abend mit dem Mountainbike zum Pilatus, unserem damaligen Hausberg ausrückte. Beeindruckend war seine, schon zu der Zeit vorhandene, Vorliebe für das leichteste Material. Entsprechend fragte ich ihn eines Tages, ob er denn die Polsterung seines Carbon-Sattels verloren habe und deshalb nur zwei klitzekleine Moosgummis bei den Sitzhöckern aufgeklebt hatte. Dass er dies in vollem Bewusstsein getan hat, um etwa 47 Gramm Gewicht zu sparen machte mir diesen kompromisslosen Typen super sympathisch. Geflogen ist er zu diesem Zeitpunkt nicht viel, obwohl er den Flugschein schon 1988 und somit kurz vor mir gemacht hatte. Die ersten Gleitschirmfilme von Fredy (einem weiteren Nachbarn und guten Kollegen) und dessen Gletscherflüge im Wallis animierten ihn dann, wieder damit anzufangen. Hike & Fly war damals noch in den Kinderschuhen – wir gingen meistens einfach so fliegen und im Winter auch zunehmend auf gemeinsame Skitouren.“
Von allen Touren, die ihr inzwischen zusammen erlebt habt – was würdet ihr sagen, war die schönste?
Rolf: „Die nächste Tour ist immer die schönste Tour. Ganz nach meinem Lebensmotto „Was ist, wird“, welches aus einem systemischen Theorieansatz stammt und frei übersetzt bedeutet: alles Lebende ist in stetiger Entwicklung und Veränderung. Ich schaue deshalb gerne vorwärts und nicht zurück. Dennoch genieße ich es sehr, jeweils die Fotos unserer Touren durchzusehen.“ Frank: „Ich sehe es ähnlich wie Rolf, die nächste Tour ist die Schönste. Ich bin immer wieder hin und weg, wenn wir unverhofft in eine magische Stimmung hineinlaufen. Das Ungeplante und Überraschende ist jeweils das Schönste. Uns oder mir allein ist es schon oft passiert, dass aus einem ganz gewöhnlichen Abend oder Morgen etwas atemberaubend Magisches geworden ist. Deswegen weiß ich, dass solche Dinge passieren und das öfter, als man denkt. Besonders früh morgens und spät abends oder bei Bewölkung. Ich freue mich schon jetzt auf die nächste Tour und damit einher geht auch immer Neugier auf das Unverhoffte.“
Was darf im nicht im Gepäck fehlen, wenn ihr loszieht?
Rolf: „Das müsst ihr Frank fragen. Er ist für mich der Inbegriff des Turnbeutelvergessers. :) Und das Schlimmste ist, er vergisst seine Sachen meistens auf dem Gipfel und muss dann noch ein zweites Mal rauf, während ich schon wieder nach Hause fahre. Ich habe mich schon oft gefragt, ob er das nur macht, um seinen Trainingsvorsprung vor mir halten zu können. Muss wohl so sein, denn sonst ist er ein gewieftes Kerlchen, der an jedes Detail denkt. Was ich von ihm gelernt habe ist, nur das absolut Nötige mitzunehmen. So machen Dank dem leichten Gewicht auch längere Aufstiege richtig Spaß.“ Frank: “Für mich müssen es wirklich so wenig Dinge wie möglich sein, denn wie Rolf schon gesagt hat, lasse ich oft irgendwas am Berg liegen. ;) Ich möchte es so simpel wie möglich halten. Ich habe regelmäßig Stöcke, einen halben Liter Wasser, ein Ersatz-T-Shirt, Mobiltelefon, einen Riegel und natürlich die Kamera dabei. Ich fotografiere alles mit der kleinen Sony RX 100 M1 oder M3. Die M1 habe ich aber dieses Jahr irgendwo am Berg verloren…“
Wird bei euch aus Hike & Fly auch schon mal ein Streckenflug? Frank: „Zusammen XC fliegen ist nicht so einfach, weil Rolf viel besser Strecke fliegt als ich. Geht es um Punkte, habe ich keine Chance – was mir aber nichts ausmacht. Ich bin mehr der Sightseeing-Flieger. Die Natur fasziniert mich viel mehr als Punkte. Meine Highlights sind hohe Flüge in den Schweizer Hochalpen am Ende des Sommers, wenn es relativ ruhig auf über 4000m über alle Gletscher geht. Walliser Alpen, Eiger, Mönch und Jungfrau… Meine höchste Höhe ist über 5000m im Wallis gewesen. Sowas bleibt für immer in meinen Erinnerungen. Ich mache entsprechend mehr Hike & Fly als Rolf, so etwa 70-80 Flüge im Jahr. Wir fliegen natürlich auch mal mit der XC-Ausrüstung zusammen, dann aber eher lokal, wenn auch durchaus für einige Stunden.“ Rolf: „Ich fliege immer noch am liebsten XC. Früher wettbewerbsorientiert, heute entspannt und genussorientiert. 2006 flog ich mein erstes 200er-FAI mit einem B-Schirm im Wallis. Ein ganz großes Highlight war der Flug 2018 vom Niesen über den Alpenhauptkamm ins Wallis und wieder zurück ins Berneroberland. Unvergessen bleibt sicher auch der Flug mit Urs Haari im gleichen Jahr, bei welchem wir gemeinsam die Schöllenenschlucht hinauf nach Andermatt und danach wieder zurück ins Engelbergertal flogen. Und zu guter Letzt der diesjährige Flug immer gemeinsam mit meinen NPT Buddies Bernhard Friedli und Hansueli Jakob, von Fiesch über das Finsteraarhorn bis nach Luzern, meinem Wohnort. Bei diesen Flügen war vor allem die mentale Überwindung groß, da man in der Schöllenenschlucht und bei der Querung der großen Gletscher des Wallis und des Berneroberlands nirgendwo freiwillig landen möchte.“
Habt ihr schon die nächste Tour geplant?
Rolf: „Ich befürchte, dass mich Frank den gesamten Herbst hinüber ins Tessin prügelt. Er hat sich verliebt in diese Region und findet dort immer wieder neue und spannende Touren. Und das Buochserhorn geht natürlich immer.“ ;) Frank: „Da ich in einer kleinen Blockhütte am Fuße des Buochserhorns am Waldrand lebe, finden meine Hike & Flys während der Arbeitswoche fast ausschließlich an diesem Berg statt. Wenn ich aber einen ganzen Tag lang Zeit habe, dann zieht es mich oft in neue Gebiete, und ja, gerne auch ins Tessin. Ich liebe es, am PC Landkarten und Satellitenbilder zu studieren und neue Touren ausfindig zu machen. Das hat mich schon an die unglaublichsten Orte in der Schweiz gebracht. Bisher hat noch jedes vorher ungemachte Projekt auf Anhieb geklappt. Sowas gibt mir tiefe Zufriedenheit und Erfüllung und ist ein Weg, Kreativität auszuleben. Es gibt so vieles zu entdecken da draußen.“
Welche Wetterdienste schaut ihr euch an, bevor ihr startet? Habt ihr Tipps?
Rolf: „Für Hike & Fly darf es einfach keinen Föhn haben und der Berg muss für die Windrichtung und Windstärke stimmen. Aber zum Thema Wetter allein kann man einen gesamten Beitrag füllen, wenn man wirklich aussagekräftige Angaben machen möchte. Ein Tipp für schöne Stimmungen: Es muss nicht immer wolkenlos sein.“ Frank: „Ich beobachte das Wetter immer, eigentlich jeden Tag, um schon einige Tage vorher mögliche Projekte zu planen. Ich schaue erst auf die Wetterberichte für jedermann von SRF Meteo und Meteoschweiz, dann schaue ich mir die 5-Tage-Druckdifferenzprognose Nord-Süd und Ost-West und die Windprognosen auf meiner geplanten Höhe an, um die Windsituation einzuschätzen. Am Tag zuvor werfe ich dann noch einen Blick in den Alpthermbericht, zwecks Bewölkung und Wind. Am Tag selbst schaue ich mir auch Webcams an, darunter sind solche mit Windangaben und dazu die aktuellen Windwerte von Meteoschweiz. Wenn ich nur aufs Buochserhorn gehe, dann Alptherm, aktuelle Messwerte und Webcams für den Wind, allenfalls noch den Regenradar. Ich denke, jeder muss sich für seine Region und Absichten sein eigenes Wettersüppchen brauen. Aber auch, wenns dann bei einer Tour doch nicht zum Fliegen taugt – dass man draußen unterwegs war, lohnt sich letztlich immer.“