Die Freude siegt
NOVA Red Bull X-Alps-Blog: Prolog - 17.06.2021
Eine Laufstrecke zu Beginn mit einem 900-Meter-Anstieg ist Pflicht, dann wird heute, das ist schon abzusehen, fast sicher nur und schnell geflogen. Zu gewinnen gibt es Ruhm und Ehre und für die ersten drei einen zusätzlichen Night-Pass für das X-Alps-Race. Zudem werden Zeitstrafen verteilt. Die Zeit im Ziel nach dem Sieger wird am zweiten Renntag, am Montag also, zur Wartezeit am Morgen, bevor losgelaufen werden darf. Diese Zeitstrafen werden heute mikromäßig klein, das ist auch schon abzusehen. Es wird ein fantastischer Flugtag bei Hochsommer-Wetter.
Jeder weiß: Wer schnell den Berg raufläuft und zuerst den Schirm auslegt am Mooskopf, der hat gute Chancen zu gewinnen. Tatsächlich ist es so: Chrigel Maurer (SUI) und Maxime Pinot (FRA) sind unter den ersten, die starten, drehen gemeinsam lediglich zweimal richtig auf und fliegen in Rufweite zueinander ins Ziel. Hinter den beiden öffnen sich rasch kleinere und größere Lücken. Ein wenig Glück ist dabei. Der Startplatz am Mooskopf liegt vor elf Uhr morgens nicht ideal zur Sonne und der Hang ist kurz. Man muss sofort Thermik finden. Das gelingt manchem Routinier nicht, und auch Frühstarter Théo de Blic (FRA) muss am Hang landen und wieder zum Gipfel hochlaufen. Der Startschlauch ist zuerst zäh. Allein und in kleineren Gruppen kommen die Pilotinnen und Piloten weg.
Ein Einbomben am Boden auf der Strecke muss immer verhindert werden – das wäre ein echter Patzer und ein reales Zeithandicap heute und ein psychisches Handicap im wirklichen Leben nach dem Sonntag. Man will sich an einem solchen Tag keine Fehler erlauben, ganz einfach. Unter den Augen so vieler Leute. Tief fliegen ist verlockend bei den kurzen Distanzen, aber riskant.
Ein Blick auf die NOVA-Piloten: Nicola Donini (ITA) will seine Speedwettkampf-Fähigkeiten zeigen und gleitet zu diesem Zeitpunkt als Fünfter tief hinter den Führenden her. Théo de Blic (FRA) muss nach dem zweiten Start im Mittelfeld fliegen, Ken Oguma (JAP) dreht vorsichtig die spärliche Startthermik aus und nimmt das Rennen als dritter der XENON-Piloten in Angriff. An der Spitze wird die erste Flugwende Grafenberg ohne Aufdrehen genommen und nach Norden abgebogen zum Hochgründeck jenseits von Kleinarl. Es ist abzusehen, dass dort bereits der Finalglide ins Ziel beginnt. Zwölf Kilometer zurück über Wagrain nach Kleinarl.
Das Rennen an der Spitze: Chrigel und Maxime liefern sich ein Gleitrennen Flügel an Flügel. Dosieren das Gas. Sie brauchen einen guten Bart, um an der Wende im Norden Abflughöhe zu bekommen. Der Schweizer bleibt höher als der Franzose und dreht ein, um die Kontrolle zu behalten, Maxime immer einige Leinenlängen unter Chrigel. Benoit Outters (FRA) auf Platz drei wählt eine viel tiefere Linie mit Vollgas. Findet er den Schlauch, den Pinot und Maurer draußen vor der Wende gefunden haben? Er wird der zweite und letzte sein heute! Alles auf kleinem Raum: Noch ist die Mehrheit der Segel über dem Startplatz zu sehen, während die ersten zwei in der Ferne schon in den Endanflug Richtung Ziel gehen. Hinter ihnen Benoit Outters und Thomas Friedrich sind tief. Das Rennen ist unter Kontrolle für Chrigel und Maxime. Benoit zahlt für die tiefe Linie und wird von Thomas an der Wende eingeholt. Wer der beiden macht den wichtigen dritten Platz und holt die zusätzliche Nachtschicht im Hauptrennen?
Nach halber Strecke über Wagrain gibt Chrigel Gas, über 60km/h jetzt, 66… noch sechs Kilometer ins Ziel. Maxime hält sich zurück. Vor der Ziellinie landen kann sich keiner der beiden leisten. Der angekündigte Nordwind ist kein Thema. Der leichte Talwind trägt Maurer und Pinot ins Ziel. Der österreichische Rookie Thomas Friedrich holt sich ungefährdet den dritten Platz und den letzten verfügbaren Night Pass. Benoit Outters geht all-in und gleitet tief unter Thomas, kann nicht ganz ins Gas, der Belgier gleitet auf den Meter genau ins Ziel auf dem viertem Platz. Friedrich vergisst, durchs blaue Tor zu rennen und wird so fast noch um seinen Night-Pass betrogen. Lautstark treibt man ihn knapp vor Benoit durch das Pflichttor. Das war knapp!
Der starke Schweizer Patrick von Känel gewinnt das Duell gegen Nicola um Platz 5, die Uhr tickt jetzt nur noch für den Laufstart am Montag. Trotzdem spannend zu sehen, wie die Athleten gegeneinander leisten. Der Italiener Aaron Durogati fliegt zurück von Wende Drei zu Wende Zwei Grafenberg und wieder zur Wende Drei - warum? Macht er auf cool, nachdem er den Startschlauch verpasste und zweimal abheben musste? Oder hat er am Hochgründeck zu früh gewendet? Théo kommt mit guter Zeit ins Ziel. Ken zeigt eine reife Leistung im Hanggleiten und kommt ultratief auch fliegend nach Wagrain Kleinarl. Die 42 Minuten Wartezeit am Montagmorgen dürften ihn nicht um den Schlaf bringen.
Alle sind im Ziel, in einer vernünftigen Zeit, keine Outbomber. Was für ein Auftakt! Die Stars gewinnen und sonnen sich im Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Sponsoren freut es, ihre Zugpferde vorzeigen zu können. Und alle sind glücklich. Die Wettkämpferinnen und Wettkämpfer haben ihre Lauffähigkeiten in der Gruppe gezeigt, haben Flügel an Flügel gezeigt, was sie in der Luft können. Der kleine Fauxpas beim Start dürfte nur jene ärgern, die sich Chancen auf einen Podestplatz machten - also eigentlich alle :-)
NOVA-Kollegen sind aus Terfens und dem Ausland ins Salzburgerland angereist, um den Prolog und den Rennstart am Sonntag zu begleiten – vor Ort natürlich unter Einhaltung der Covid-Bestimmungen, mit ausreichend Abstand. Schirm- und Gurtzeugkonstrukteure, Media-Teams, Presse-Leute, NOVA-Prominenz, Freunde und Fans. Alle freuen sich über die tollen Leistungen von Ken, Nicola und Théo am Boden und in der Luft. Ein Prolog wie er sein sollte, ein Fest, eine Freude.
Text: Roli Mäder (NOVA Teampilot)
PS: Es gibt auch noch ein Video zum Tag, das dich die #goodvibes spüren lässt - und natürlich die offizielle Ergebnisliste des Prologs 2021.
Weitere aktuelle Clips findet ihr auch in unserer Facebook-Playlist.